Bisherige Theorien zum Kugelblitz



1. Die Nachleuchthypothese. Die Vertreter dieser Theorie nehmen an, dass der Erzähler in ein Blitzlicht sah und als Nacheffekt auf die Netzhaut, eine Kugel sieht.

Was spricht dafür/dagegen?
Eine große Zahl von Berichten, nach denen es am Ort der Erscheinung kein Gewitter gab, also keine Blitze niedergingen. Außerdem Kugelblitze die in geschlossenen Räumen auftraten, der Beobachter den vielleicht auslösenden Blitz nicht sehen konnte.

2. Die Möglichkeit es könne sich um den Verbrennungsvorgang organischer Materie, z.B. eines vom Blitz getroffene Vogels handeln. Im August 1983 stellte erstmals das PM- Magazin das Gedankenmodell von Dr. Ernst Fischer vom Philipps- Laboratorium in Aachen vor. Nach diesem könnte ein Blitz einen knapp über dem Boden fliegenden Vogel treffen und schlagartig verdampfen. Die dabei entstehenden feinen Kohlenstoffpartikel würden dann bei rund 1000 Grad unter Einwirkung von Sauerstoff einen kurzfristig leuchtende Kugel bilden. Dieser Gedanke ist sogar in Meyers Universallexikon Band 8 der Ausgabe 1986 eingegangen. Meyers Neues Lexikon von 1993 hat dann diese Erklärung nicht mehr übernommen.

Was spricht dafür/dagegen?
Gegen den verdampften Vogel spricht wiederum eine Vielzahl von Augenzeugen, die im Freien einen Kugelblitz sahen, ohne daß dabei ein Gewitter auftrat oder Blitze niedergingen.

3. Der spanische Physiker Antonio Ranada stellte zwei neue Theorien zur Diskussion.

3.1 Einmal vermutet er, daß Linienblitze horizontale und vertikale Magnetfelder erzeugen, in deren Schnittpunkten sich das Plasma, der Kugelblitz bildet.

3.2 Sein weiterer Gedanke: Es könnten gewöhnliche Blitze sein. die von ihrem geraden Weg abgekommen sind und ein unheimliches Eigenleben führen. Ihre magnetischen Felder verquirlen sich, umfangen sich gegenseitig und schließen sich zu Kreisen. So entstehen "elektromagnetische Knoten". Diese Kraftbälle reißen Gase an sich, werden 30000 Grad heiß und beginnen zu leuchten. Dabei verliert der Kugelblitz Energie indem er die Luft zum Strahlen bringt, bis das Gebilde mit einem Knall in sich zusammenfällt.

Was spricht dafür/dagegen?
Gegen die Theorie Ranadas spricht wieder das Fehlen von Linienblitzen am Erscheinungsort oder im Nahfeld vieler Kugelblitze. Dennoch lassen die Berichte Nr.73 und 81 aus meiner Fallsammlung vermuten, daß es tatsächlich "verquirlte Blitze" geben könnte.

4. 1955 führte der russische Physiker Kapitza die Entstehung von Kugelblitzen auf hochfrequente Radiowellen zurück, die bei Gewittern in der Atmosphäre entstehen: Durch Interferenz könnten sich stehende Wellen und somit Regionen hoher Intensität ausbilden.

5. Japanischen Forscher befaßten sich 1991 mit dieser Theorie. Ihnen gelang es im Labor mit Mikrowellen langlebige Kugeln aus heißem Plasma zu bilden. Sie erzeugten mit einem Magnetron Mikrowellen hoher Frequenz (2,45 Gigahertz) und Leistung (1 bis 5 Kilowatt) Die Frequenz wurde durch einen Hohlleiter in einen halbgeschlossenen zylindrischen Hohlraum eingebracht. Aufnahmen mit einer Videokamera zeigten verschiedene leuchtende Gebilde, so auch eine stabile Feuerkugel. Eine dieser Plasmakugeln durchdrang eine 3 mm dicke Keramikplatte.

Wir wissen aber, dass auch hochfrequente Hochspannungen eines Tesla- Generators scheinbar widerstandslos Glasscheiben durchdringen können. Es wird berichtet, dass Kugelblitze Wände durchdringen. In meiner Fallsammlung entweichen sie allerdings nur durch Schlüssellöcher.

Was spricht dafür/dagegen?
Ich halte die japanischen Versuche für nicht "naturidentisch". Denn: Die elektromagnetische Ausstrahlung der Blitze besteht aus starken Strahlungsimpulsen im Lang- und Längstwellenbereich von etwa 1/ 100000 Sekunde und praktisch nicht im Gigahertz- Bereich. Dagegen sprechen auch wiederum die 22 Kugelblitzsichtungen, die nicht der Energie eines Linienblitzes bedurften.

6. Die Neuseeländer Abrahamson und Dinnis stellten in der britischen Wissenschaftszeitschrift Nature im Februar 2000 eine neue Theorie vor. Nach dieser sind Kugelblitze nichts anderes als durch einen Blitzschlag in den Boden aufgeladene und aufgewirbelte Silizium-Verbindungen. Die enorme Energie eines Blitzes Verdampft das Silizium, das durch die Gewalt des Blitz- Einschlages in die Luft geschleudert wird und als schwebender Staubball leuchtet. Sobald sich die Energie entladen hat, verschwindet der Feuerball.

Was spricht dafür/dagegen?
Die beiden Wissenschaftler wissen wahrscheinlich nichts von den Kugelblitzen, die ohne einen vorherigen Blitzschlag entstanden.
 

7. Der englische Chemiker Turner erklärt 1993 das seltsame Phänomen des Kugelblitzes mit den enorm hohen Spannungen, die in der äußerst feuchten Gewitterluft dafür sorgen, daß sich Ionen lokal zu mehreren tausend Grad heißen Plasmakernen anhäufen. Sobald diese Plasmakerne mit der umgebenden kühlen, elektrisch geladenen Luft in Verbindung geraten, entstehen innerhalb kürzester Zeit mehre Schichten um den Plasmakern. Zwischen dem Kern und den Schichten reagieren energiereiche Ionen miteinander und geben dabei Energie in Form von Wärme ab. Die nächste Schicht ist kalt genug, damit die Ionen Wassermoleküle aufnehmen können. Sie ziehen den Blitzball zum Erdboden.

Was spricht dafür/dagegen?
Die Theorie Turners kommt der Wirklichkeit vermutlich ziemlich nahe. Hinter der Kugelblitzbildung stehen sicher luftelektrische Vorgänge. Das elektrische Feld entspricht einer negativ geladenen Erdoberfläche und der in der Höhe befindlichen positiven Ladungen. Die Feldstärke am Boden gemessen beträgt etwa 100 V./m. Das elektrische Feld wird von positiven Ionen aufgebaut, die in der Ionosphäre durch kosmische Strahlung gebildet werden. Hinzu kommt die von der Erde ausgehende natürliche Radioaktivität.

Die kosmische Strahlung kommt als Bündel ungeheurer Energie aus unbekannten Quellen des Weltraums. Durch diese Strahlen entstehen kleine Schauer verschiedenartiger Teilchen. Beim Auftreffen auf Sauerstoffmoleküle werden Eektronen herausgeschlagen. In der Atmosphäre entstehen so laufend neue Ionenpaare. Solche Ionen sind stetig in Bewegung. Wenn ein positives Ion ein negatives trifft, neutralisieren sich beide. Das positive Ion, welchem ein Elektron fehlt, nimmt sich dieses vom negativen Ion, welches ein zusätzliches Elektron hat. Dieser Vorgang, Rekombination (Wiedervereinigung) führt aber normalerweise immer wieder zum Ausgleich.

Die Rekombination kann aber im Zuge einer Gewitterfront und bei gleichzeitigem Anstieg der Luftfeuchtigkeit gestört sein. Bei dem dann stärkeren elektrische Feld könnte die Elektronendichte so ansteigen, daß sich der erste Plasmakern und damit ein Kugelblitz bildet.

Soweit es sich aus den Befragungen von Augenzeugen ableiten läßt, dürfte die Kugelblitzbildung mit einer gewissen Luftfeuchtigkeit einhergehen. Zwar erscheint der Kugelblitz mehrheitlich während eines Gewitters, aber auch nicht selten nur im Zuge einer entfernten Gewitterfront oder kurz nach einem vorangegangenen Gewitter. Es scheint als ob Wassermoleküle von einer Ionenkonzentration angezogen werden und die Kugelform bilden. Dabei entsteht zumindest kurzfristig innerhalb der Kugel eine mehr oder weniger hohe elektrische Spannung, die aber nicht stabil sein kann.

Ich vergleiche den Kugelblitz mit einem aufgeladenen,instabilen Kondensator. Als "Kugelkodensator" kann er je nach seiner Bildung enorm hohe Energien gebunden haben, aber auch ohne Spuren zu hinterlassen verschwinden. Kleine bis tennisballgroße Kugelblitze verschwinden meist mit einem schwachen Knall, der etwa dem Zerplatzen eines Luftballons gleicht. Manche Beobachter vergleichen das Geräusch nicht selten mit dem Knall eines Zündplättchens. Kugelblitze in der Größe eines Fußballes enden oft explosionsartig mit Zerstörungen. Es kann dabei auch zu Bränden kommen. Auf Grund der Begleitumstände gibt es nur eine Erklärung: Elektrische Entladungen stehen hinter diesen Vorgängen.

Werden aufgeladene Kondensatoren mittels Kurzschluß entladen, entstehen fast die selben Geräusche, wie sie bei der Auflösung kleinerer Kugelblitze vernommen werden. Bei dem Vergleich wurde ein 50 MF Elektolytkondensator mit 220V = aufgeladen.

Bekannt sind noch die Perlschnurblitze. Dabei zeigen sich Innerhalb einer Blitzbahn mehrere hell leuchtende kugelförmige Ausbuchtungen. Sind es auch hier Wassermoleküle, die durch die Ionisation des Blitzes zu solchen Bildungen führen? Noch gibt es dafür wie für den Kugelblitz keine eindeutige Erklärung.

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