Archäologie - ein Erfahrungsbericht

Karl Heinz Hentschel, Karlsruhe

Schon als Schüler fand ich in einem Vortort von Freiburg hallstsattzeitliche Scherben, Teile einer Schale. Am Randes des Freiburger Lorettoberges beging ich regelmäßig einen mittelsteinzeitlichen Wohnplatz und fand dort Kleinstwerkzeuge, wegen ihrer geringen Größe auch Mikrolithen genannt. Günstig für die Suche war die Zeit nach der Schneeschmelze oder nach einem Regenguss. Dann waren die freiliegenden Kleinstwerkzeuge oft an ihrer fast glänzenden Oberfläche zu erkennen.

Später in Karlsruhe beschloss ich wieder archäologisch tätig zu werden und bin seit 1960  ehrenamtlicher Mitarbeiter der Bodendenkmalpfege. Zahlreiche archäologische Entdeckungen im Landkreis Karlsruhe gehen auf meine Beobachtungen zurück.

An dieser Stelle möchte ich über einen Fund in Weingarten/Baden, Gewann Höheforst/Quellberg berichten, der zeigt, wie selbst winzige Dinge zu einer geschichtlichen Aussage führen können.

Am 27.4.1963 bemerkte im noch offenen Pipelinegraben Karlsruhe-Ingolstadt Verfärbungen, die nur archäologisch zu deuten waren. Beginnend von km 19.540 bis km 19.620 der Pipeline zeigten sich Spuren eines bandkeramischen Horizontes, einer Wohngrube und einiger sehr kleinen Abfallgruben. Der in west-östlicher Richtung verlaufende Graben hatte die Wohngrube durchschnitten. Die große Grube hatte im Grabenverlauf noch eine Ausdehnung von 3,5 m. Im Norden und Süden des Grabens war sie nach 40-50 cm Wandabtragung noch sichtbar. Bei einer Grabenbreite von 120 cm ist in dieser Richtung ein Verlauf von mehr als 2 m anzusetzen. Beim Baggeraushub waren zuvor schon etwa 5 Kubikmeter des Grubeninhaltes verlorengegangen. Nachdem die offene Grabenwand durch starke Soneneneinstrahlung ungewöhnlich hart wurde, ließen sich teilweise sichtbare Scherben nur mühsam bergen.

Bei der Verwendung einer messerscharfen Spachtel stellte ich fest, daß diese ab und zu in ein kleines Körnchen geschnitten hatte, das im hellen Lößboden zuvor nicht sichtbar war. Die blau-schwarz schimmernden Schnittstellen gingen auf verkohlte Samenkörner  zurück, die ich nicht bestimmen konnte. In dem gelben Löß war es nicht möglich, weitere dieser nur 4 mm großen Koerner zu entdecken und zu bergen. Also was tun? Ich füllte die Packtaschen meines Fahrrades mit großen Erdbrocken der Wohngrube und fuhr damit nach Hause, um sie dort in Wasser aufzulösen. So gelang es mir eine Vielzahl der verkohlten Früchte auszuschlämmen. Nach der zweiten Fahrt konnte ich einem Sieb später bestimmte 435 Erbsen und 150 Einkorn-/Emmersamen entnehmen.

In der Wohngrube fanden sich vorwiegend Scherben großer, unverzierter Vorratsgefäße. Den Abfallgruben konnte ich mehrere glatte Randstücke, sowie verschiedene Schnurösen und Knubben entnehmen. Eine Reihe grauer, verzierter Feinkeramikscherben, teils Randstücke, unterstrichen die Zugehörigkeit zur jüngeren Bandkeramik. Feuersteinwerkzeuge fand ich nicht. Es konnte nur ein kleiner Teil der Wohngrube untersucht werden, weil das Amt keine Hilfskräfte abstellen konnte und der Graben am 14.5.1963 wieder geschlossen wurde.

Frau Dr. Maria Hopf vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz nahm die wissenschaftliche Untersuchung und Bestimmung der Samenkörner vor. Ihre Arbeit erschien unter dem Titel "Bandkeramische Kulturpflanzenreste vom 'Quellberg' bei Weingarten/Baden" in: Kraichgau. Beitrage zur Landschafts- und Heimatforschung. Folge 11, Heidelberg 1989:76-82.

Es ist damit bewiesen, daß die bandkeramischen Siedler schon für den frühen Ackerbau die günstigen Böden nutzten. Sie brachten, wie wir wissen, außer den Nutzpflanzen auch Nutztiere mit, und so lieferte der Grabungsbefund Hinweise auf ihre Ernährung und Wirtschaftsweise um 4000 v. Chr.

--> Ratschläge zum Umgang mit ur- und frühgeschichtlichen Bodenfunden



zurück zur Hauptseite
Kontakt zum Autor